Hudebeweidung
Flussauen sind fruchtbare Landschaften, in denen Pflanzenarten, die mit regelmäßigen Überflutungen zurecht kommen, üppig gedeihen können. Allen voran sind hier die Weiden zu nennen, die die Weichholzaue beherrschen. Aus einem Weidengebüsch wird innerhalb von 2-3 Jahren ein undurchdringliches Dickicht. Noch vorhandene Graslandbereiche wachsen bald zu und gehen als Lebensraum für Offenlandbewohner verloren.
Früher haben die in den Flussauen lebenden großen Pflanzenfresser dafür gesorgt, dass daraus kein monotones Einerlei wurde, sondern ein Strukturmosaik aus unterschiedlich alten Auwaldbereichen, Totholz, staudenreichem Offenland und feuchten Lichtungen. Heute jedoch droht hier schnell eine Strukturverarmung.
Dies soll unser Projekt verhindern. Wie es vor der Landnahme des Menschen die großen Pflanzenfresser getan haben, sollen heute Weidetiere die Strukturvielfalt auf einer ausgewählten Fläche im Projektgebiet erhalten und gestalten. Durch das Grasen und den Verbiss von Sträuchern kommt Licht in Gebüschbereiche, so dass auch lichtliebende Pflanzenarten eine Chance haben. Solche teilweise bedornten Pflanzen wiederum schützen Einzelbäume oder Baumgruppen vor weiterem Verbiss, so dass unter anderem auch der ein oder andere markante Einzelbaum heran wachsen kann (parkähnliche Landschaft). Durch den Tritt der Huftiere entstehen vegetationsarme Stellen, bereits vorhandenes Grasland bleibt erhalten statt zu verbuschen.
So können unterschiedlichste Pflanzenarten ihre Nische finden und mit ihnen Tiere zahlreicher Gattungen – von Bodenorganismen und Insekten bis hin zu Vögeln, von Totholzbewohnern bis zu Kleinsäugern.
Das alles kann durch eine sogenannte Hudebeweidung erreicht werden, bei der mit einer ganzjährigen Beweidung und einer sehr geringen Viehdichte gearbeitet wird. Und so war es im August 2016 auch in unserem Projektgebiet zum ersten Mal so weit: Nachdem das lange Sommerhochwasser endlich abgelaufen und die Fläche durch Zäunung entsprechend vorbereitet war, konnten 8 Rinder ihren neuen „Freilauf“ in der Aue genießen. Zwar kann die Beweidung wegen der Lage im vom Hochwasser beeinflussten Raum nicht ganzjährig realisiert werden, doch erwarten wir auch durch eine jährliche Weideperiode von April bis November positive Effekte.
Um den Effekt, den die Rinder konkret auf die Entwicklung der Landschaft haben, besser beurteilen zu können, bekam eine Kuh ein Halsband mit GPS-Logger mit auf den Weg. So können wir genau nachvollziehen, wo sich die Tiere wann und wie lange aufhalten. Als gestaltende Kräfte arbeiten auf unserer Projektfläche nämlich noch weitere Protagonisten: Neben Hochwasser und Bergsenkungen ist auch der Biber in diesem Bereich aktiv. Durch ein Monitoring hoffen wir, den Einfluss der Weidetiere besser beurteilen und von anderen Wirkfaktoren abgrenzen zu können.